Lektionen aus dem Trainingsalltag Teil 1
„Nichts ist praktischer als eine gute Theorie“
Dies ist der erste richtige Post hier bei den Trainingsnomaden. Ein recht langer auch gleich noch dazu. Zeigen möchte ich eigentlich nur, wie strukturiert man an die Lösung eines Problems rangehen kann.
Da es hier in Zukunft auch und vor allem um das Erlernen schwerer Körpergewichtsübungen gehen wird kommt das Beispiel auch aus diesem Bereich. Die Methodik und das ist das Entscheidende, ist aber auf nahezu jedes Trainingsziel übertragbar.
Zur Verdeutlichung habe ich den Rafterklimmzug gewählt.
Wer nicht weiß was das ist hier:
Brad Johnson – Ruling the rafters
Der Kerl macht hier ein paar abgedrehte Sachen. Ich meine jetzt aber vorerst nur den „normalen“ Klimmzug an zwei Balken. Wer möchte, darf jetzt kurz einmal probieren und dann weiterlesen. Ja genau, nur Daumen und Finger. Kräftig zusammenpressen!
…
Mir ging es vor ein paar Jahren mal ganz ähnlich. Kein Plan, was zu tun ist. Keine Chance da irgendwie auf Anhieb hochzukommen. Das Projekt wurde eingestellt.
Vor kurzem habe ich festgestellt, dass ich, anscheinend durch einige Jahre Klettersport ganz gute Grundvoraussetzungen für diese Übung mitbringe. Angeregt durch das erfolgreiche Heben eines 20 Kg Blob-Gewicht auf Anhieb, wurde mir nahegelegt, ich solle es doch einmal mit dem Rafterklimmzug aufnehmen. Die Übung zu meistern wäre wie die Erfüllung eines Kindheitstraum. So konnte ich natürlich nicht anders als das Problem anzugehen.
Da ich in der Vergangenheit, trainingstechnisch schon oft in der Sackgasse gelandet bin, wollte ich es diesmal von Anfang an richtig machen.
Ich habe mir also vor Beginn des Trainings einige Fragen gestellt. Mit beginnender Recherche taten sich so immer mehr offene Fragen auf und die ganze Tragweite wurde deutlicher. So bin ich z.B. erst während der Klärung allgemeiner Fragen auf Informationen zur Verletzungsprophylaxe durch ideale Winkelstellungen im Handgelenk gestoßen. Dies ist der entscheidende Grund, warum ich diesen Prozess überhaupt für erwähnenswert halte.
Eine solche zeitliche Investition bringt euch auf lange Sicht garantiert schneller ans Ziel. Obendrein konnte ich mir so wahrscheinlich die ein oder andere Verletzung ersparen.
So in der Art hat übrigens der Schmierzettel ausgesehen, den ich mir zur Vorbereitung gemacht habe:
Zusammen mit den neueren Informationen hab ich dann mal eine etwas detailliertere (leserliche 🙂 )Liste erstellt:
1.Das Setup
Wo finde ich eigentlich Rafter?
kann ich mir was geeignetes selberbauen?(Dazu später mehr)
„Pinch Grip“
„Kompression“
„Klimmzug“
Steckt noch mehr dahinter?
Wenn ja wie befestige ich die Bänder überhaupt?
Pinch Lifts?
Ihr seht bis hier hin schon eine ganze Menge zu klärender Fragen. Gute Trainer misst man ja bekanntlich auch gerne an der niedrigen Verletzungsrate ihrer Athleten. So kann ich euch nur empfehlen die Tipps von Herrn Lechner bezüglich Wrist Routine und Schulter Prehab ernst zu nehmen. Schulter, Ellbogen, Handgelenk müssen hier besonders ackern, also keine Abkürzungen.
Hilft es die Griffdicke bzw. den Griffabstand zu variieren?
Mit welcher Frequenz vermeide ich Überlastungserscheinungen?
Wie kann ich die Reibung der Finger verbessern?
Somit sind wir schon bei weit über 30 Punkten angelangt. Bis hierhin wurde auch noch kein bisschen trainiert.:-) Die Liste könnte man noch erweitern. Ich denke aber um zu zeigen, wie vielfältig man sich mit so etwas auseinandersetzen muss/kann, um ein Ziel zu erreichen, reicht es. Für viele Übungen ist das Prozedere zum Glück weitaus weniger kompliziert. Der Rafterklimmzug ist aber leider kein Bizeps Curl und so bedarf es ein wenig mehr Vorbereitung.
Eine weitere Übung, bei der man von so einer Vorbereitung, meiner Meinung nach, enorm profitieren kann ist z.B.der Muscle Up und seine schwereren Progressionen.
Im Folgenden möchte ich jetzt einmal kurz meine Herangehensweise beschreiben. Das Training für den Rafterklimmzug im Detail werde ich an dieser Stelle nicht genauer erläutern! Dieser Artikel soll vielmehr dazu dienen selber zu erlernen wie man sich die geeigneten Informationen beschafft um sein Ziel zu erreichen.
Im Grunde habe ich folgende Werkzeuge benutzt:
1.Google o.ä.
-> Wer sucht der findet. Vor allem ist es hilfreich nach Menschen zu suchen, welche die gewünschte Übung schon können. Am besten sammelt man erst mal alle Informationen, die man finden kann.I.d.R. findet man das meiste in irgendwelchen Artikeln, Foren, Videoportalen oder Studien.
2. Professionelle Hilfe
-> Durch Kontakt mit den „Könnern“ oder vermeintlich kompetenten Coaches, Trainingspartnern.Besuch von Seminaren. Zum Training in entsprechende Vereine gehen usw. In meinem Fall waren zum einen die Herren Feischl und Lechner eine große Hilfe. Zum andern hab ich mich natürlich bei Griffkraftexperten aus dem Klettersport und in der Griffkraft „Szene“ etwas umgeschaut. Also wer schwer heben möchte, guckt sich logischerweise beim Gewichtheben um. Wer sich für Turnübungen interessiert dem sei geraten doch mal im nächsten Turnverein zu schauen.
3. Fachliteratur
-> Hat man nun Informationen und Trainingsansätze gesammelt, gleicht man diese am besten mit Standardwerken der Trainingsliteratur ab. Diesmal habe ich vor allem Supertraining von Mel Siff verwendet. Dies kann natürlich je nach Übung und Ziel unterschiedlich sein. Sinn und Zweck ist ganz einfach nur mal so grob zu schauen ob die bereits gesammelten Information taugen könnte oder nicht. Gerade im deutschsprachigen Raum gibt es eine relativ lange Tradition in der Sportwissenschaft. Selbst renommierte Coaches wie Charles Poliquin haben ihren Grundstock des Wissens aus deutschen Texten. Hier sei z.B. das Buch „Optimales Training“ von Jürgen Weineck zu erwähnen. Ein Klassiker der deutschen Trainingswissenschaft. Bevor man sich also den Trends aus Übersee hingibt oder wilden Vermutungen aus dubiosen Internetforen lauscht, einfach mal in die nächste Unibibliothek gehen und sich mal umschauen was die hiesigen Experten schon vor langer Zeit rausgefunden haben. Die Informationen müssen ja nicht schlecht sein. So hat jeder ein einfaches Mittel an der Hand, sich mit verhältnismäßig kurzem Zeitaufwand, auf lange Sicht Zeit zu sparen.
Das ein oder andere Buch werde ich zu gegebener Zeit mal etwas genauer beschreiben.Noch ein kleiner Tipp: Viele Bücher, bzw. Leseproben findet man via Google Books oder Scribd.
4. Fachsuchmaschienen
-> Für den Einstieg wären hier mal PubMed und GoogleScholar zu nennen. Hier braucht es natürlich eine gewisse Fachkenntnis, weil die Texte oft für den Laien unverständlich formuliert sind. Auch das suchen braucht ein wenig Übung. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn in anderen Quellen auf Studien verwiesen wird. Was es bei der Analyse von Studien zu beachten gibt werde ich auch an anderer Stelle mal genauer ausführen.
Dieser Punkt ist wohl eher für den Fortgeschrittenen oder für Leute mit professionellen Ambitionen interessant.
Dennoch schadet es nicht sich z.B. mal die Zusammenfassung der Tabata Studie genau anzuschauen. Vielleicht fällt dem ein oder anderen etwas auf, was der selbst ernannte Trainingsexperte verschwiegen hat. So braucht man sich über ausbleibende Trainingserfolge bei 4 Minuten Training pro Tag auch nicht mehr wundern.
5.Eigene Erfahrungen machen
-> Nach der Auswertung all dieser Informationen sollte man jetzt natürlich ausprobieren. Ideal ist es, wenn man für jede Übung im Trainingsplan genau weiß, warum man sie jetzt und überhaupt, ausführt. Hat man sich also was gescheites ausgedacht, heißt es jetzt dran bleiben. Erfolge kommen ja bekanntlich nicht über Nacht. Das heisst einen Plan sollte man, ausser aus Verletzungsgründen, auch konsequent befolgen. Nur so wird man ein besserer Athlet, Coach oder was auch immer. Dies ist gerade zu Beginn der Trainingskarriere auch dank der Fülle an Informationen mitunter nicht ganz so einfach. Diesen Prozess sollte man genießen auch wenn er nicht direkt zum Ziel führt.
Damit auch keiner enttäuscht ist, das ich vorerst nicht weiter ins Detail gegangen bin. Wenn mich jemand nach 7 Tipps zum Rafterklimmzug fragen würde bekäme er folgendes als Antwort.
1. Immer gut aufwärmen!
2. Wenn möglich immer an schrägen Raftern trainieren!
3. Chalk hilf ungemein!
4. Verwende eine Tensioning/Anspannungssequenz um den ganzen Körper zu involvieren!
5. Visualisierung hilft!
6. Gezielte Präventionsübungen für die Handgelenke und Ellbogen sind ein muss!
7. 2x/Woche Training sollten für den Anfang erstmal reichen!
Details und Begründungen dazu wie gesagt ein andern Mal.
Für die Zukunft sind neben dem detaillierten Artikel, über das Training für den Rafterklimmzug, ähnliche Sachen über Muscle Up, Handstandliegestütze u.a. geplant. Für weitere Fragen oder wenn euch eine Übung besonders interessiert, zögert nicht einen Kommentar zu hinterlassen.
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